Mein Name ist Daniel. In der Bibel ist der Name bekannt durch den Propheten Daniel, der zu Gott betete, anstatt seinem König zu huldigen und dadurch in die Löwengrube geworfen wurde. Auch ich bete zu Gott. Zu Allah. Unter Löwen bin ich deswegen Gott sei Dank nicht gelandet. Aber dafür in einer türkischen Großfamilie.
Vor rund 18 Jahren überzeugte ich mich durch das Lesen des Korans zum Islam, als ich meinen Bruder davon überzeugen wollte, genau das nicht zu tun. Seit nun über 10 Jahren mit einer aus der Türkei eingewanderten Frau verheiratet, habe ich mich sodann durch alle kulturellen Unterschiede gewundert und nicht minder durch die geschmacklichen Eigenarten orientalischer Küche gefuttert. Als Kind des Ruhrpotts, für den der erste Grieche in unserer Siedlung bereits den Charme der großen weiten Welt versprühte, waren die ersten Okraschoten meiner Schwägerin oder das Lahmacunfließband meiner Schwiegermutter (eines gegessen landet das nächste auf dem Teller) eine wahre Wonne.
Mitunter aber sind es die Geschmäcker und die Aromen der Kindheit, zu denen man irgendwann wieder zurückkehrt. Die Herzensgerichte der Großeltern, bei der jeder Bissen wie Treibstoff für eine Zeitmaschine funktioniert und die uns innerlich bewegen, sind so bereits mit mehr Patina belegt als „Omma Ihr Gulaschtopf“. Es ist ein seltsamer Moment, wenn Du merkst, dass 75% von Omas Repertoire nun aber nicht mehr in deine Lebenswirklichkeit passt und mit deinem Glauben und deinen Ernährungsgewohnheiten nicht vereinbar sind.
Für mich stellte sich die Frage, wie sich die Geschichte dieser Gerichte, deren Deftigkeit, aber auch deren handwerkliche Umsetzung auf mein neues Leben übertragen ließen, wie ich diese auch mit meiner Familie (türkische Familien sind groß) teilen konnte. So begann das Experimentieren mit Zutaten und Geschmäckern, der Versuch, Dinge nachzuempfinden und dem Original ähnliche Aussagen transportieren zu können. Omma Ihre Erbsensuppe ohne Speck aber mit Rauch, Oppa ihm seine Bulletten aber islamkonform und Tante Mia Ihre nun nicht mehr beschwipsten Berliner. Nicht mehr und nicht weniger als das Wiederbeleben alter kulinarischer Erinnerungen war das Ziel mit Ergebnissen, die ich auf diesem Wege mit denen teilen möchte, die Ihre Religion und die islamische Kultur ebenso lieben wie die Kultur, aus der sie stammen. Viel Freude in meiner Zeitmaschine und Afiyet olsun!
4 Kommentare
Selamun aleykum lieber Daniel,
Sehr rührend find ich deine kl Geschichte. ..
Ja, möge sich alsbald die deutsch-islamische (Ess-) Kultur etablieren..amin
Sehr schöne und hochwertige Seite..
Viel Erfolg und Spass damit
Aleikum Selam und vielen Dank für guten Wünsche!
Selamunaleykum!
Diese Seite begeistert bis in die Fingerspitzen und lässt von unverhofften Reisen durch die Geschmackswelt träumen.
Ansprechend visualisiert, zielgenau beschrieben und mit einer Prise Humor serviert.
Insbesondere als Deutsch- und Religionslehrerin finde ich diesen Einstieg in den Blog super – Note: sehr gut. Versetzung in die nächste Stufe in Aussicht.
Liebe Grüße, Gottes Gnade und gutes Gelingen in dieser Sache!
Aleikum Selam,
vielen lieben Dank für die netten Wünsche! Ich hoffe in diesem Kontext, dass meine inflationär gesetzten Kommata
als Folgefehler bewertet werden ;-)!
Liebe Grüße